Allgäuer Klinik- und Sparkassenmitarbeiter sind im Streik

Mindelheim/Kempten/Memmingen/Kaufbeuren - Für heute und morgen hat die Vereinte Dienstleistungsgesellschaft ver.di zu Arbeitsniederlegung an den Allgäuer Kliniken und Sparkassen aufgerufen. Pflegepersonal und Krankenhausmitarbeitende ziehen für den Arbeitskampf auf die Straße.
Schrille Pfeiftöne, Sprechgesänge, bunte Plakate: Heute fand eine Kundgebung in Mindelheim statt. Etwa 200 Streikende sind in der Früh auf dem Theaterplatz am Mindelheimer Forum zusammengekommen. Morgen treffen sich die Streikenden zur großen Kundgebung auf dem Rathausplatz in Kempten. Nicht aufschiebbare Operationen finden jedoch statt; auch eine Notfallversorgung gibt es.
Die Streikenden fordern im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes eine Lohnerhöhung von 10,5 Prozent, mindestens jedoch um 500 Euro. Außerdem wollen sie, dass Auszubildende, Studierende, Praktikantinnen und Praktikanten monatlich 200 Euro mehr in der Tasche haben. Ein Jahr sollen die Tarife gültig sein, so die Forderung.
Drei Prozent mehr Lohn zum 1. Oktober bieten die Arbeitgeber. Dazu eine lineare Erhöhung der Entgelte zum 1. Juni 2024 um zwei Prozent mit zwei Zahlungen für den Inflationsausgleich: 1.500 im Mai und 1.000 Euro im Januar 2024. Beim Nachwuchs sollen diese Einmalleistungen mit 750 bzw. 500 Euro laut ver.di-Mitteilung geringer ausfallen.
„Viele Schichten – wenig Zuschlag“
„Das Angebot der Arbeitgeber reicht nicht“, sagt eine Mitarbeiterin des Empfangs am Klinikum Kempten. Gerade mit der Corona-Pandemie sei der Arbeitsaufwand gestiegen. Die zwei Prozent mehr Lohn, die die Gewerkschaft vor zwei Jahren durchgesetzt hatte, genügten nicht mehr, „bei der derzeitigen Inflationsrate!“. Die Mitarbeiterin beklagt, dass der Gehaltsunterschied zu den Reinigungskräften mittlerweile marginal sei. „Bis vor Kurzem haben wir nicht einmal eine Einsprungpauschale erhalten. Der Nachtzuschlag ist viel zu gering“, sagt die Empfangsmitarbeiterin, „sind die Steuern abgezogen, bleibt fast nichts mehr übrig.“
Schwierige Arbeitsbedingungen, da „Pflegepersonal dünn besetzt“
ver.di-Bezirksgeschäftsführer Werner Röll bemängelt, dass die Personaldecke der Klinik- bzw. Pflegemitarbeitenden seit Jahrzehnten dünn bemessen sei. „Die Arbeitszeiten sind fast nicht planbar. Es gibt kaum oder gar keine Springerlösungen. Das Pflegepersonal wird oft zu Hause angerufen, um Vertretungen zu finden.“ Zudem sei die Arbeit sehr dokumentations-intensiv. „Dass der Beruf schön ist, aber sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die Bezahlung schlecht sind, hat sich rumgesprochen“, sagt Röll, „deshalb ist es schwierig, Personal zu finden.“
Die Pläne zur Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) könnten laut Röll keine Abhilfe schaffen. Im Gesundheitswesen machten viele Akteure ihre Interessen geltend: etwa die Krankenkassen, die Öffentliche Hand, Privatanbieter, Privatkliniken und die Bundesländer. „Die Klinikmitarbeitenden baden es dann aus.“ Änderungen kämen kaum in Gang.
„Kliniken sind für die Gesundheit da“
Die von ver.di und der Deutschen Krankenhausgesellschaft vor wenigen Jahren ausgearbeitete Plan setze dagegen am System an. „Im Gesundheitswesen und Klinikbereich sollte generell wenig privatisiert werden und keinerlei Gewinninteressen mitspielen“, so Röll. Zur Finanzierung seien schließlich die Beiträge und Versicherungen da.
Kommen die Arbeitgeber den Forderungen nicht nach, wollen die Streikenden nach München ziehen. Auch die Klinikmitarbeiterin treibt die Sorge um, dass der Nachwuchs in ihrem Sektor ausbleibt. „Viele Junge sagen, ‚in der Industrie habe ich es leichter‘. Die Arbeitsbedingungen am Krankenhaus sind unattraktiv.“ Dadurch wachse der Berg an Arbeit noch weiter. Auch die vom Arbeitgeber geforderte Impfung hänge der Mitarbeiterin noch nach.
Patienten und Sparkassen-Kundschaft betroffen
Gestreikt wird nicht nur am Klinikverbund Allgäu an den Standorten Kempten und Mindelheim, sondern auch an den BKHs in Memmingen und Kempten, am Klinikum Memmingen und bei den Kliniken Kaufbeuren/Ostallgäu. Zudem ist der Bankensektor betroffen. Am Mittwoch legen Mitarbeitende der Sparkasse Allgäu und der Sparkasse Schwaben-Bodensee die Arbeit nieder.
Die zentrale Kundgebung wird am Mittwoch, 15. März, um 9.30 Uhr auf dem Kemptener Rathausplatz stattfinden.