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6 Bauernregeln im Experten-Check: Welche wirklich stimmen

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Die Bauernregeln dienten den Bauern früher dazu, das Wetter und somit die Folgen für die Landwirtschaft besser einschätzen zu können. © dpa

Zum Teil sind sie nicht ernstzunehmen, auf einige ist aber Verlass: Bauernregeln. Zwei Wetter-Experten äußern sich zu sechs der alten Volksweisheiten, an denen tatsächlich etwas Wahres dran ist.

"Pflanzt der Bauer Dattel-Feigen, will er es dem Klima zeigen." Ganz so extrem ist es in unseren Breiten noch nicht, dennoch: Auch diese "Bauernregel" hat einen wahren Hintergrund, wie viele andere auch. Schon vor hunderten von Jahren wurden die sich reimenden Volkssprüche von Generation zu Generation weitergegeben und dienten oft den Bauern dazu, das Wetter und seine Folgen auf die Landwirtschaft besser einschätzen zu können. Wir haben mit zwei Wetter-Experten gesprochen, die in dem Thema eine kontroverse Meinung vertreten: Jurik Müller ist promovierter Meteorologe und arbeitet beim Deutschen Wetterdienst. Er hat außerdem ein Buch über "100 Bauernregeln, die wirklich stimmen", verfasst. Diplom-Meteorologe Dominik Jung vom Wetterportal wetter.net steht manch einer Bauernweisheit dagegen eher kritisch gegenüber.

Wie Katharina das Wetter gestaltet, so der nächste Februar waltet.

Müller: Bezieht man diese Regel auf die Frage "Trocken oder nass?", dann trifft sie mit einer Zuverlässigkeit von ungefähr 70 Prozent zu. So folgt trockenem Wetter um den Katharinentag in acht von zehn Fällen ein niederschlagsarmer Hornung, wie der Februar in alten Schriften bezeichnet wird. Herrscht dagegen regnerisches Wetter um Sankt Kathrein, so zeichnet sich in sechs von zehn Fällen der Februar durch ein überdurchschnittliches Niederschlagsangebot aus. Der Namenstag von Katharina gilt als ein wichtiger Lostag nicht nur des Novembers, sondern auch des gesamten Jahres. Obwohl um Kathrein immer mehr Menschen der Frage, ob es ein weißes Weihnachtsfest gibt oder man mit grünen Festtagen vorlieb nehmen muss, ihre Aufmerksamkeit schenken, existiert kein von ihrem Lostag ausgehender, sich auf das Weihnachtswetter beziehender Spruch.

Jung: Meiner Meinung nach kann man sich nicht auf diese Regel verlassen. Ich halte es für unmöglich, dass das Ende des Novembers mir sagen kann, wie drei Monate später das Wetter während eines ganzen Monats werden soll.

Wenn der Zapfen seine Schuppen schließt, der Himmel bald die Blumen gießt.

Müller: Die "Schuppenpanzer" der Zapfen unserer Nadelgehölze sind bei regnerischem Wetter weitgehend geschlossen. Tannenzapfen eignen sich gut als Wetterpropheten. Verschlechtert sich das Wetter, so schließen sie ihre Schuppen. Damit verhindern sie, dass die unter den Schuppen sitzenden Samen, noch vor ihrer Reife, fäulnisbildendem Regen ausgesetzt sind und verderben. Schon lange vor dem Eintreffen der Niederschläge, die sich durch Zufuhr zunehmend feuchter Luft ankündigen, beginnen die Tannenzapfen ihren "Schuppenpanzer" zu schließen, denn es dauert eine gewisse Zeit, bis alle Schuppen dicht anliegen. Bei Zustrom trockener Luft öffnen die Zapfen ihr Schuppenkleid.

Jung: Diese Regel ist keine klassische Bauernregel in dem Sinne, es ist für mich vielmehr ein rein natürlicher ,biologischer Vorgang. Wenn Regenwolken sich nähern, wird die Luft schon etwas davor feuchter. Das Holz der Zapfen quillt bei Feuchtigkeit leicht auf, dadurch verschließen sich die Zapfen. Ist es sonnig und trocken, trocknet das Holz der Zapfen aus und sie öffnen sich wieder.

Wenn die Amseln laut flöten nach langem Schweigen, wollen sie Sturm und Regen anzeigen.

Müller: Den Wenigsten wird bekannt sein, dass die Amsel als „Regenvogel“ gilt. Zwitschert sie im Frühjahr übertrieben laut, ist das als ein untrügliches Zeichen für das Bevorstehen feuchten und milden Wetters. Ist im Sommer der Amselgesang statt am Morgen und Abend zu ungewöhnlicher Tageszeit besonders grell zu hören, tut man gut daran, Gewitter und länger anhaltendes Schlechtwetter ins Kalkül zu ziehen. Das Verhalten der meisten Singvogelarten richtet sich nicht nur nach der astronomischen Tageslänge, sondern wird auch durch Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Druckschwankungen geprägt. Eine entscheidende Rolle spielt auch das Sonnenlicht, dessen spektrale Zusammensetzung und Helligkeit sich vor markanten Wetterumschwüngen ändert. Auf derartige Änderungen reagiert die Amsel in ihrem Gesang.

Jung: Das ist etwas völlig normales. Aufziehende dunkle Regen oder Gewitterwolken machen die Vögel einfach unruhig. Das heißt, sie reagieren erst, wenn Sie die Gewitter oder Regenwolken sehen. Dann sehen wir Menschen die Wolken aber in der Regel auch schon.

Wenn die Schwalben hoch am Himmel kreisen, sie weiter auf schönes Wetter hinweisen, doch fliegen sie am Boden tief, dann hängt der Wettersegen schief.

Müller: Bei sonnigem Hochdruckwetter gelangen mit Thermikblasen die Futterinsekten der Schwalben in höhere Luftschichten. An Tagen mit wenig Sonnenschein oder gar bei trübem und regnerischem Wetter ist die Thermik nur schwach oder gar nicht ausgeprägt. Bei schönem Wetter folgen die kleinen Flugkünstler als Insektenfresser ihrer Beute in luftige Höhen. Bei sich abzeichnender Wetterverschlechterung, also aufkommendem Regen und Wind, halten sich die Futterinsekten mangels Thermik in Bodennähe auf. Die Schwalben gehen dann dort auf Jagd, da sich ihre Nahrung im Schutz von Bäumen und Büschen aufhält. Oft suchen Mücken und Fliegen dann die Blätter niedrig wachsender Pflanzen auf. Auf dem Grünland sieht man daher die Schwalben, die als Zugvögel von April bis Oktober in Mitteleuropa weilen und zwei- bis dreimal pro Jahr vier bis sechs Eier bebrüten, oft knapp über dem Boden pfeilschnell zwischen weidenden Rindern hin- und herfliegen, da die Kühe die sich versteckenden Insekten immer wieder beim Fressen aufscheuchen.

Jung: Ja, das stimmt. Bei Regen sind Insekten eher weiter unten nahe am Erdboden unterwegs und bei Sonne weiter oben.

Der Zucker im Morgenkaffee sagt dir an, ob Regen zieht tagsüber heran; steigen erste Blasen auf am Tassenrand, dann nimm’ den Schirm in deine Hand; doch treten sie zuerst in Tassenmitte auf, nimmt freundliches Wetter seinen Lauf.

Müller: Lässt man ein Stück Würfelzucker in eine mit  Kaffee gefüllte Tasse fallen, bilden sich Bläschen. Sieht man diese zuerst am Tassenrand, wird es bald regnen. Blubbern sie aber in der Tassenmitte nach oben, ist die Wahrscheinlichkeit für Sonnenschein relativ groß. Wie kommt das? Das Verhalten der Bläschen hängt mit dem Luftdruck zusammen. Dieser beeinflusst die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten. Hoher Luftdruck geht mit Absinkbewegungen in der Atmosphäre einher, dadurch lösen sich die Wolken auf und die Oberfläche des Kaffees wölbt sich nach unten. Deshalb erreichen die Bläschen die Mitte der Tasse schneller als den Rand. Bei tiefem Luftdruck passiert genau das Gegenteil. Steigen die Bläschen überall gleichmäßig auf, ist das Wetter veränderlich.

Jung: Das ist richtig, es gibt dieses Phänomen. Einfacher und ohne Kaffeekochen wäre es aber, sich ein normales Barometer anzusehen. Steigt der Zeiger, also zeigt er hohen Luftdruck an, wird das Wetter schön. Fällt er, also nähert sich ein Tief, kommen wohl bald Wolken und Regen.

Wenn Flämmchen sich zeigen an Kirchturmspitzen, wird’s bald donnern und vom Himmel blitzen.

Müller:  So genannte Elmsfeuer treten als ein büschel- oder flächenförmiges Leuchten der Luft in der unmittelbaren Umgebung von Spitzen oder Kanten bei starken luftelektrischen Spannungsunterschieden in Erscheinung. Sie werden durch elektrische Entladungen hervorgerufen und können beim Nahen eines Gewitters und auch während desselben an Mastspitzen, Antennen, Kirchturmspitzen, Bergspitzen und Spitzen von Gräsern oder Bäumen, einhergehend mit einem Zisch- oder Pfeifgeräusch, beobachtet werden. Auf jeden Fall besteht beim Auftreten des mitunter unheimlich wirkenden Elmsfeuers die Gefahr eines Blitzschlages. Elmsfeuer sollten aus diesem Grunde auch als Warnung angesehen werden. Insofern empfiehlt es sich, diese Elmsfeuerregel, die sich für eine Kürzestfristprognose eignet, sehr ernst zu nehmen. Mitunter können Elmsfeuer auch bei Schnee- oder Sandstürmen an den gespreizten Fingern der Hand oder am Kopfhaar von Menschen auftreten.

Jung: Es ist nur eine Kurzfristprognose, also eine Prognose für die nächsten 60 Minuten. Leider kann einem keine der Bauernregeln sagen, wie das Wetter in den kommenden Tagen wird, darüber sollte man sich im Klaren sein. Meiner Ansicht nach kann man auch nur die erste der hier gezeigten Beispiele als "echte Bauernregel" ansehen, die anderen sind rein logische Abläufe.

lvp

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- 10 Wettermythen im Check (Wochenendausgaben von Münchner Merkur und tz)

- So war der Rekordsommer 2015 (Wochenendausgaben von Münchner Merkur und tz)

- Vergleich: Das Wetter in München und Garmisch-Partenkirchen von 1936 bis 2014 (Wochenendausgaben von Münchner Merkur und tz)

- Leben auf dem Berg, Leben mit dem Wetter: Eine Familie auf dem Brauneck (Wochenendausgabe von Münchner Merkur)

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