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Kulturgespräch: „Mystic Prophecy“ Gründer und Sänger R. D. Liapakis über die deutsche Metal-Szene

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Von: Sophie-Isabel Gunderlach

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Heavy Metal Band Mystic Prophecy
Die Band „Mystic Prophecy“ um Gründer und Sänger R. D. Liapakis (Mitte) ist eine der bekanntesten Metal-Bands weltweit. Ihr neues Album heißt „Hellriot“. Nach dem Release-Konzert im Memminger Kaminwerk geht es für die Gruppe in den kommenden Monaten auf Tour rund um den Globus. © Mystic Prophecy

Memmingen - Mit einem Release-Konzert am vergangenen Mittwoch (17. Mai) im Kaminwerk veröffentlichte die Heavy Metal Band „Mystic Prophecy“ ihr zwölftes Studioalbum „Hellriot“. Die von R. D. Liapakis gegründete Band ist eine absolute Szenegröße. Das letzte Album erreichte Platz 20 in den Deutschen Charts. Der Memminger KURIER sprach mit R. D. Liapakis, der in Bad Grönenbach lebt, über die Metal-Szene in Deutschland und über die Tourpläne der Gruppe.

Memminger KURIER: Herr Liapakis, Sie sind Gründer und Sänger der Band „Mystic Prophecy“. Wieso haben Sie sich Anfang der 2000er zur Gründung einer Metal Band entschlossen?

R. D. Liapakis: Das Heavy Metal Fieber erfasste mich bereits mit sechs Jahren. Mein Bruder brachte damals Schallplatten von Black Sabbath und von Led Zeppelin mit nach Hause – seitdem habe ich das Virus in mir. 1994 habe ich meine erste Band gegründet. 1999/2000 habe ich dann „Mystic Prophecy“ ins Leben gerufen und in den folgenden Jahren noch zwei weitere Gruppen. Für mich ist Rockmusik eine Mission und Lebenseinstellung. Darum habe ich die Bands gegründet.

Gibt es für Heavy Metal Musiker einen Ort, wie es beispielsweise Nashville für Country Musiker ist, an dem man sagt, wenn wir dort gespielt haben, haben wir es geschafft?

Gibt es für Heavy Metal Musiker einen Ort, wie es beispielsweise Nashville für Country Musiker ist, an dem man sagt, wenn wir dort gespielt haben, haben wir es geschafft?

Wie oft traten Sie mit „Mystic Prophecy“ bereits in Wacken auf?

Wir haben bisher dreimal in Wacken gespielt. Allerdings finde ich, dass es sich in den letzten 15 Jahren zu einer Art Ballermann entwickelt hat. Es geht inzwischen weniger um die Musik als um Party und Saufen. Das ist nicht das Wacken, das ich vor 20 Jahren kennengelernt habe. Dennoch ist es ein Karriere-Highlight für jeden, der dort vor 100.000 Menschen spielen durfte.

Wie kommt man als Band zu einem solchen Auftritt?

Für eine solche Bühne, und das ist bei allen großen Festivals der Fall, wirst du eingeladen. Auch im Heavy Metal gilt der Slogan: Umso populärer eine Band ist, umso populärere Konzerte spielt sie.

Wie groß ist die Metal-Szene in Deutschland?

Die Szene ist in Deutschland sehr groß. Ich glaube, man kann sogar sagen, nicht nur Wacken, sondern Deutschland insgesamt ist das Heavy Metal Mekka in Europa und weltweit. Hier finden die größten Konzerte und Festivals statt und hier haben die größten Labels der Szene wie Nuclear Blast oder Century Media ihren Sitz. Außerdem werden bei uns noch immer die meisten CDs verkauft. In anderen Ländern wie in den USA oder in Skandinavien beherrscht inzwischen die digitale Musikszene den Markt.

Was bedeutet „digitale Musikszene“?

Ich meine damit das Streamen von Musik, zum Beispiel über Spotify. Das ist sicherlich die Zukunft, denn junge Menschen kaufen sich keine physikalischen Produkte mehr. Für uns Bands bringt das einen Vor- und Nachteil. Der Vorteil ist, dass du deine Musik weltweit spreaden (dt.: verbreiten, Anm. d. Red.) kannst. In Afrika oder Indien können die Menschen sich nicht mehrere CDs zu einem Stückpreis von 15 oder 25 Euro kaufen.
Aber für zehn Euro im Monat können sie so ziemlich jedes Lied und jede Musikrichtung aus der ganzen Welt über einen Streamingdienst anhören. Aufgrund dieser Möglichkeiten sind wir als „Mystic Prophecy“ mit mehr als 400.000 Hörern im Monat eine der Top-20-Bands im Metal-Bereich. Dieses günstige Angebot ist aber auch das Negative an der Geschichte. Für uns rechnet sich das nicht. Ich finde es nicht in Ordnung, dass man Musik als Ramschprodukt verkauft. Das macht die Musikszene kaputt.

Wie meinen Sie das konkret?

Als Musiker verdiene ich bei einem einzelnen Stream pro Song rund 0,003 Euro. Rechnet man das hoch, bedeutet das, dass wenn mein Lied eine Million Mal gestreamt wird, ich 3.000 Euro verdiene. Jetzt denken Sie bitte noch einmal an die CD, die 15 oder 25 Euro pro Stück kostet – das steht in keinem Verhältnis. Mir ist ganz wichtig zu betonen: Ich mache die Musik nicht des Geldes wegen. Und ich weiß, dass ich in der komfortablen Situation bin, inzwischen genug mit meiner Musik zu verdienen und gleichzeitig nicht darauf angewiesen zu sein. Aber ich finde es krass, wie wenig die künstlerische Leistung der Musiker und Bands heutzutage wert ist. Ich sage immer: In den 80er-Jahren war die Aufteilung 98 Prozent Musik und zwei Prozent Business. Heute ist es 99,9 Prozent Business und 0,1 Prozent Musik.

Sie produzieren und schreiben Ihre Lieder selber?

Ja, wir schreiben und produzieren unsere gesamte Musik selbst. Ich muss aber zugeben, nach mehr als 20 eigenen CDs und über 300 Liedern ist es herausfordernd, neue Texte zu schreiben und eingängliche Titel zu finden (lacht).

Ihr diese Woche erscheinendes neues Album heißt „Hellriot“. Was bedeutet der Titel?

„Hellriot“ bedeutet Höllenrebell. Zum einen ist das für Metal-Menschen ein einfacher Titel. Bei uns geht es immer um Hölle, Feuer o.ä. (lacht). Wir haben den Titel aber auch gewählt, da wir das Album in Corona-Zeiten gemacht haben. Das waren für alle Musiker Höllenjahre. Wir konnten von einem Moment auf den anderen nicht mehr tun, was wir lieben und nicht mehr vor unseren Fans und vor Publikum auftreten. Mit dem Titel zeigen wir, dass wir nach den schwierigen Jahren als eine Art Höllenrebellen wieder zurückkommen.

Wie geht es in den kommenden Monaten für Sie und die Band weiter?

Der Auftritt im Kaminwerk ist unser Tour-Auftakt. Danach geht es mit dem neuen Album auf einige Trips, wie spielen im Sommer viele Festivals, unter anderem in Griechenland, Finnland und der Schweiz. Anfang 2024 sind wir bei „70000 Tons of Metal“ in Miami und der Karibik dabei, dem größten Metal-Festival auf einem Kreuzfahrtschiff.

Lieber Herr Liapakis, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die kommenden Auftritte.

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