Sie ließen es sich am gestrigen Donnerstag dennoch nicht nehmen, Bürgermeister Dr. Stephan Winter den Rathausschlüssel abzuluchsen. Gemeinsam mit Vertretern beider Mindelheimer Faschingsvereine trat Bürgermeister Winter gegen 11 Uhr mit schwarzem Zylinder auf den Rathausbalkon – wobei der Bürgermeister im Grunde „keinem offiziellen Rathaussturm“ ausgesetzt war, wie Thomas Schwaighofer vom Durahaufa erklärt. Denn die üblichen zehn Forderungen, mit denen der Bürgermeister den Rathaussturm abwenden kann, stellte der Faschingsverein heuer gar nicht. So drückte Winter den symbolischen Schlüssel in die vertrauensvollen Hände von Mindelonia-Gardemajorin Jessica Meier. Mit den Schlachtrufen „Dur und dur narrad“ und „Eviva Mindelonia“ wurde die „Machtübernahme“ der Narren im Rathaus besiegelt.
Neben dem gemeinsamen Weißwurstfrühstück stand für die Vereine noch ein weiterer bedeutsamer Termin auf der Agenda – einer, der bislang nicht im traditionellen Gumpigen-Tagesablauf vorkam aber schon bald zur Tradition werden soll: Um 11.11 Uhr wurde nämlich auch am Südeingang des Landratsamtes der „Durahansl“ aufgezogen. Dort hängt er nun zum zweiten Mal nach 1996.
Wie es dazu kam? Wie der Kreischronik zu entnehmen ist, hatte ein Sturm im Jahr 1994 dem „Durahansl“ am Oberen Tor arg zugesetzt. Der Landkreis – damals unter Landrat Dr. Hermann Haisch – erwarb die Reste der Turmfigur. Am 15. Februar 1996 thronte der Durahansl erstmals am Südeingang des Landratsamtes. Doch weil man seinerzeit Sicherheitsbedenken hatte, blieb der „Hanslaufzug“ am Amtsgebäude vorerst eine Eintagsfliege.
Dass der Hansl (neben seinem Stammplatz am Oberen Tor) einst auch eine Fassade außerhalb der Innenstadt schmückte, rief Mitte Februar die Instagram-Seite „mn_classicpics“ in Erinnerung. „Ehrenplatz für den vom Winde verwehten Durahansl“, titelte der Seitenbetreiber. Das Retro-Foto aus den 90ern entdeckte schließlich auch Landrat Alex Eder, der Neuigkeiten der Instagram-Seite abonniert hat. Eder habe daraufhin alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das Banner, das noch in Besitz des Landratsamtes sein musste, ausfindig zu machen.
Weder beim Bauhof noch beim Frundsberg Festring habe man den „Hansl“ allerdings aufspüren können, erklären Vertreter des Durahaufa im Gespräch. Und so war es einem Zufall zu verdanken, dass das verschollene Kunststück, das der Mindelheimer Malermeister Hubert Schwank einst gestaltet hatte, wieder auftauchte: Als Landratsamt-Hausmeister Christian Hoffmann seinen Chef Alex Eder zu einem Termin fuhr, erkundigte sich Eder, ob nicht Hoffmann etwas zum Verbleib des „Durahansl“ wüsste. Und landete damit einen Treffer: Hoffmann erinnerte sich, dass das Banner über die Jahrzehnte hinweg in der Tiefgarage aufbewahrt wurde und so kam der „Hansl“ nach 26 Jahren wieder ans Tageslicht.
Der Hanslaufzug am Landratsamt könnte nun sogar zur guten Tradition werden und auch künftig den Eingang schmücken. Der Durahaufa würde, so erklärten Vereinsvertreter im Gespräch mit Landrat Eder, den „Hansl“ gerne am Eingang zur Bad Wörishofer Straße sehen – und die Figur somit noch prominenter platzieren. Doch das geht offenbar wegen des Notausgangs nicht.
Im Rahmen des Hanslaufzugs trafen sich neben etwa 20 Vertretern der Faschingsvereine auch rund 30 Mitarbeiter des Landratsamtes vor dem Südeingang. Landrat Eder erklärt: „Mit dem Aufziehen des Durahansls wollten wir ein bisschen Faschingsstimmung verbreiten.“ Dabei betonte der Kreischef aber auch, dass man es angesichts von Corona und der Situation in der Ukraine mit dem Feiern nicht übertreiben wolle.