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Unterallgäu: Neue Energierichtlinie hat massive Nachteile für unsere heimische Forstwirtschaft

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Von: Michaela Breuninger

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Neue Erneuerbare-Energie-Richtlinie: Brennholz aus dem Wald gilt künftig nicht mehr als erneuerbar.
Neue Erneuerbare-Energie-Richtlinie: Brennholz aus dem Wald gilt künftig nicht mehr als erneuerbar. © Panthermedia/Thomas Schöffler

Unterallgäu - Alarmstufe Rot in der Forstwirtschaft: Folgen der Erneuerbare-Energie-Richtlinie RED III Allgäu – Bis zum Jahr 2030 sollen nach dem Willen des Europäischen Parlaments erneuerbare Energien deutlich mehr genutzt und auf 45 Prozent erhöht und der Energieverbrauch stark reduziert werden.

Am 14. Juli 2021 verabschiedete die EU-Kommission das Paket „Fit for 55“, mit dem die geltenden auf Klimaschutz und Energie bezogenen Rechtsvorschriften angepasst werden, um das neue EU-Ziel einer Verringerung der Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent bis 2030 zu erreichen. Ein Element des Pakets ist die Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II). Mit der Verabschiedung des Nachfolgers RED III wird bis Ende 2023 gerechnet und das birgt künftig massive Nachteile für unsere heimische Forstwirtschaft.

Nicht nur die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) sehen in den aktuellen RED III-Beschlüssen zur Position des EU-Parlaments ein fatales Signal an die Forst- und Holzwirtschaft, auch bei der Bürgermeisterdienstbesprechung in Lachen im Landkreis Unterallgäu stand am vergangenen Donnerstag die Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) ganz oben auf der Tagesordnung.

Der Leiter des AELF Krumbach-Mindelheim Rainer Nützel erläuterte die Folgen dieser Beschlüsse des EU-Parlaments für die heimische Forstwirtschaft. „Mit der Verabschiedung des RED III-Vorschlags entstehen für private und kommunale Waldbesitzer sowie für die lokale und dezentrale Energieversorgung massive Benachteiligungen“, so Nützel. „Denn das Papier sieht vor, dass nachwachsende Energie aus dem Wald künftig nicht mehr als erneuerbar gelten soll.“ Zudem sei durch die Streichung von Waldholz als erneuerbarer Wärmeträger die dezentrale Wärmewende gefährdet und diskriminiere den ländlichen Raum. „Atom­energie gilt als erneuerbar, aber Holz, das nicht ins Sägewerk geht, gilt nicht als erneuerbar. Das führt dazu, dass Scheitholz bzw. Hackschnitzel aus dem Wald, laut Brüssel nicht mehr als erneuerbar gelten; Pellets bzw. Hackschnitzel aus dem Sägewerk hingegen schon“, erklärte der Leiter des AELF Krumbach-Mindelheim. Somit wären auch die Hackschnitzelanlagen der Kommunen nicht mehr förderfähig. Dies bedeute außerdem, dass für Waldholz, das direkt als Brennholz oder für Waldhackschnitzel verwendet werde, eine CO2-Abgabe anfallen würde. Die Aberkennung gefährde darüber hinaus auch den Walderhalt und den Waldumbau.

Brandbrief an Abgeordnete

Wie Nützel weiter berichtete, haben sich inzwischen alle Forstbetriebsgesellschaften im Allgäu zusammengeschlossen und stellvertretend für die Landräte der Allgäuer Landkreise sowie die Vorsitzenden des Bayerischen Gemeindetags einen Brandbrief zur Unterzeichnung aufgesetzt. In dem Schreiben heißt es unter anderem: Die langfristigen Folgen einer Aberkennung von Waldholz als erneuerbare Energie und die Schlechterstellung gegenüber anderer holziger Biomasse auf den Märkten, reduziere die wirtschaftliche Fähigkeit der Waldbesitzenden in den Waldumbau zu investieren. Es beschädige die dezentrale Energieversorgung mit erneuerbaren Ressourcen und behindere den Baum­artenwechsel in Richtung wärmetoleranter Arten. Dazu komme, dass gerade die naturnahe Waldbewirtschaftung im Kleinprivatwald und Kommunalwald zu vielfältigen Strukturen bzw. Lebensräumen und in der Folge zu weiter zunehmender Artenvielfalt führe.

Ein Zangenangriff

Der Beschluss des EU-Parlaments mache deutlich, dass es sich um einen Zangenangriff von Naturschutz- und Holzindustrieinteressen, auf Kosten unserer waldbesitzenden Bürger und der Schutzfunktion und die Leistungsfähigkeit unserer Wälder handle. Die unterzeichnenden Kommunen, in deren Bereich mehr als 142.000 Hektar Wald von überwiegend kleinstrukturierten Waldbesitzern bewirtschaftet werden, wenden sich entschieden gegen eine Politik, die ihre einseitige Begründung aus fragwürdigen Kampagnen ziehe. Die Tatsache, dass Nebenprodukte aus dem Wald schlechter gestellt würden als die Nebenprodukte der Industrie, würde ein tiefes, langanhaltendes Gefühl der Ungerechtigkeit erzeugen und somit der Politikverdrossenheit insbesondere gegenüber der EU weiter Vorschub leisten. Das Schreiben richtet sich an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments, des Bundestages und des Bayerischen Landtags im jeweiligen Wahlkreis, um ihren Einfluss in diese Richtung geltend zu machen.

Waldreiches Allgäu

Im Amtsgebiet AELF Kempten sind 34 Prozent der Fläche von Wald bedeckt, das sind insgesamt 64.500 Hektar. 55.500 Hektar davon liegen im Landkreis Oberallgäu, 8.300 Hektar im Landkreis Lindau (Bodensee) und etwa 700 Hektar in der kreisfreien Stadt Kempten (Allgäu). Das AELF Kaufbeuren betreut die Wälder im Landkreis Ostallgäu und der Stadt Kaufbeuren, von der österreichischen Grenze im Süden bis nach Buchloe und Lamerdingen im Norden. Das Amtsgebiet ist mit rund 45.000 Hektar Waldfläche zu 31 Prozent bewaldet. Im Zuständigkeitsbereich des AELF Krumbach-Mindelheim befinden sich 68.000 Hektar an Waldfläche. Diese verteilt sich auf 35.500 Hektar in den Landkreisen Günzburg und Neu-Ulm und auf 32.500 Hektar im Landkreis Unterallgäu und der kreisfreien Stadt Memmingen.

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