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Corona-Streit mit Lauterbach vorprogrammiert? Lindner fordert jetzt „Eigenverantwortung“

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Von: Andreas Schmid

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Karl Lauterbach (SPD,r), Bundesminister für Gesundheit, spricht mit Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, vor Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Bundeskanzleramt.
Haben andere Vorstellungen bei künftigen Corona-Regeln: Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). © Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa

Gesundheitsminister Lauterbach und Kassenärztechef Gassen sind sich uneins über die Corona-Politik. Die FDP stellt klar: Es braucht mehr Eigenverantwortung.

Berlin – In der Debatte um künftige Corona-Maßnahmen gibt es derzeit vor allem zwei Lager. Jene, die strengere Maßnahmen für den Herbst fordern. Und die, denen die diskutierten Maßnahmen zu weit gehen. Repräsentiert von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Kassenärztechef Andreas Gassen.

Beide Gesundheitsexperten streiten öffentlich über den richtigen Umgang in der Pandemie. Gassen sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung am Freitag, es gebe „derzeit keine Anzeichen“ für eine Corona-Welle im Herbst. Lauterbach sieht im selben Zeitraum eine Corona-„Katastrophe“ nahen, während Gassen wiederum „Rufe nach erneuten überzogenen Schutzmaßnahmen bis hin zu einem neuen Lockdown“ kritisiert. Mit diesen Aussagen erzürnt der Kassenärztechef Lauterbach – liegt gleichzeitig aber auch auf einer Linie mit der FDP.

Corona-Regeln im Herbst: Lindner fordert „möglichst viel Eigenverantwortung“

Laut deren Parteichef Christian Lindner ist Eigenverantwortung das Gebot der Stunde. „Es darf in Zukunft nicht mehr flächendeckende, pauschale Freiheitseinschränkungen für alle geben“, sagte der Finanzminister nun den Funke-Zeitungen. „Wir brauchen gezielte Maßnahmen, die möglichst viel gesellschaftliches Leben garantieren und den Menschen möglichst viel Eigenverantwortung belassen.“

Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann sprach in der Welt am Sonntag von einem „klügeren und individuellen Umgang mit Corona-Infektionen“. Die medizinischen Möglichkeiten seien heute deutlich besser als in den Vorjahren: „Zusätzlich befinden wir uns möglicherweise in der Endphase der Pandemie und besitzen bereits viel bessere Werkzeuge als Lockdowns oder andere Zwangsmaßnahmen, nach denen es so manchen gelüstet.“ In einem Gastbeitrag für IPPEN.MEDIA hatte Ullmann schon zum Jahreswechsel bessere Vorbereitung auf die Anforderungen von Pandemien versprochen.

CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge pflichtete in dem Welt-Artikel bei: „Wir brauchen endlich mehr Pragmatismus und Eigenverantwortung.“ Lauterbach gilt als Verfechter strengerer Corona-Maßnahmen. Am Rande seiner US-Reise wollte er nicht konkret auf die genauen Regeln eingehen, sagte nur: „Wir brauchen Maßnahmen, das ist klar.“

Lockere Corona-Regeln im Sommer – und dann?

Einige Corona-Maßnahmen sind derzeit ausgesetzt (zum Beispiel 2G-/3G-Regeln) oder abgeschwächt (etwa die Maskenpflicht). Im September läuft die Rechtsgrundlage für die aktuellen Regeln aus. Zwischen dem Gesundheits- und Justizministerium laufen derzeit Gespräche über die Zeit danach.

Dabei spielen die unterschiedlichen Positionen von SPD und FDP eine entscheidende Rolle. Denn: Lauterbachs Gesundheitsministerium führen die Sozialdemokraten, den Justizminister stellen mit Marco Buschmann die Liberalen.

Corona in Deutschland: Die aktuelle Lage

Die Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei über 700 und liegt vermutlich in der Realität deutlich höher. Auf den Intensivstationen der Kliniken ist die absolute Patientenzahl derzeit höher als gleichen Zeitpunkt des Vorjahres (siehe Abbildung). Ein wichtiger Parameter ist auch sogenannte Hospitalisierungsrate. Sie gibt an, wie viele Menschen von 100.000 innerhalb einer Woche wegen Covid-19 ins Krankenhaus müssen. Eine Art Sieben-Tage-Inzidenz fürs Krankenhaus.

Aktuell liegt sie durchschnittlich bei 7,6 (Stand: 22. Juli). Zum Vergleich: Anfang Dezember 2021 bewegte sich die Hospitalisierungsrate um Werte von 12, an Weihnachten 2020 erreichte sie mit knapp 16 den bisherigen Rekordwert. Durch die Omikron-Variante fiel sie zwischenzeitlich auf 3,1 ab (Mitte Januar 2022).

Corona: Lauterbach und Gassen streiten um Quarantäneregeln

Die Lage in den Krankenhäusern ist laut Gassen noch handelbar. Das eigentliche Problem sieht er daher nicht in den Infektionen, sondern darin, dass positiv Getestete auch ohne Symptome mehrere Tage zu Hause bleiben müssen. „Dadurch entstehen die Personalengpässe in den Kliniken und anderswo.“ Man müsse zurück zur Normalität. „Wer krank ist, bleibt zu Hause. Wer sich gesund fühlt, geht zur Arbeit. So halten wir es mit anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe auch.“ Karl Lauterbach konterte und bezeichnete die Kritik am Sonntag als „nicht hilfreich“. (as)

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