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„Wir liefern“: Scholz kontert Ukraine-Kritik - und spricht über Putins „Angst“

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Von: Christian Deutschländer

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Ukraine-Krieg: Georg Anastasiadis und Christian Deutschländer im Gespräch mit Olaf Scholz im Bundeskanzleramt
v.l.: Georg Anastasiadis und Christian Deutschländer im Gespräch mit Olaf Scholz im Bundeskanzleramt © Steffen Kugler/Bundesregierung

Kanzler Olaf Scholz bekräftigt im Merkur-Interview seinen Waffenlieferungen-Kurs im Ukraine-Krieg – und spricht über Wladimir Putins „Angst“.

Berlin/München - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigt seinen Ukraine-Kurs gegen Kritik, er verschleppe Waffenlieferungen. „Wir liefern das, was gebraucht wird und hilft“, sagte Scholz dem Münchner Merkur. „Und wir bewegen uns damit auf einer Linie mit unseren wichtigsten und engsten Verbündeten.“

Scholz warnte: „Wenn wir modernste Waffensysteme wie Panzerhaubitzen oder komplexe Flugabwehrsysteme liefern, müssen die Soldaten dafür auch gut ausgebildet werden, sonst sind diese Waffen unwirksam. Und für einige Systeme muss die passende Munition organisiert werden. Wer glaubt, Kriegswaffen wären verfügbar wie Autos beim Händler, der irrt.“

Er sagte weiter: „Mir ist bewusst, dass ich Kritik aushalten muss. Ich lasse mich aber nicht von einem besonnenen Kurs abbringen.“ Er sei von vielen Bürgern gewählt worden, „weil sie mir etwas zutrauen: dass ich die Nerven behalte – auch wenn eine Lage schwierig ist. Und darauf können sie vertrauen.“

Ukraine-Krieg-News: Putin handelt laut Scholz aus Angst vor Demokratie

Scholz forderte Russland auf, eine Annäherung der Ukraine an die Europäische Union hinzunehmen. „Die Nato ist keine Bedrohung für Russland, und die Europäische Union schon gar nicht. Der russische Präsident muss akzeptieren, dass in seiner Nachbarschaft eine Gemeinschaft von Demokratien und Rechtsstaaten immer enger zusammenwächst.“

Der Bundeskanzler sagte, Wladimir Putin scheine „Angst davor zu haben, dass der Funke der Demokratie auf sein Land überspringen könnte. Deshalb betreibt er seit Jahren eine Politik, die eine Auflösung von Nato und EU zum Ziel hat. Er will ein gespaltenes Europa und zurück zu einer Politik der Einflusszonen. Das wird ihm nicht gelingen.“

In der Ukraine gibt es Vorwürfe, Deutschland verspreche viel und liefere zu wenig. Auf Nachfrage, das werde von seinen Kritikern „scholzen“ genannt, sagte der Bundeskanzler: „Vieles, was gerade hierzulande gesagt wird, ist einfach nicht wahr. Und manche unterschätzen die Komplexität der Angelegenheit.“

Scholz im Interview zur Energiekrise: „Atomkraft hilft uns jetzt nicht weiter“

Der SPD-Politiker erneuerte seine Forderung an Moskau: „Russland muss den Krieg sofort beenden und seine Truppen zurückziehen. Es ist klar, dass ein Diktatfrieden nach Putins Gnaden inakzeptabel ist.“ Deutschland unterstütze die Ukraine nach Kräften. „Finanziell, indem wir viel Geld geben. Humanitär, indem wir Verletzte behandeln und mehr als 800.000 Geflüchtete in Deutschland aufgenommen haben. Und militärisch, mit der Lieferung von Waffen und Munition.“ Scholz erinnerte zudem an die europäischen Sanktionspakete gegen Russland: „Die halten wir durch, so lange es nötig ist.“

In der Energiepolitik äußerte sich der Bundeskanzler skeptisch über eine Verlängerung der Kernkraftwerks-Laufzeiten – aber nicht kategorisch ablehnend. „Die Fachleute sagen uns: Das wird nicht funktionieren“, sagte er im Gespräch mit der Münchner-Merkur-Redaktion. „Der Atomausstieg ist lange beschlossen, die Brennelemente und nötigen Wartungsintervalle der Anlagen sind genau auf den Ausstieg abgestimmt worden. Die Brennstäbe reichen bis Jahresende. Neue Brennstäbe zu besorgen, dauert nach diesen Aussagen zwölf bis 18 Monate. Mindestens. Deshalb hilft uns die Atomkraft jetzt nicht weiter, nicht in den beiden nächsten Jahren, auf die es ankommt.“

Scholz sagte weiter: „Ich befürworte den Ausstieg aus der Atomenergie aus vollem Herzen. Gleichwohl: Wenn es problemlos möglich wäre, die Laufzeit um ein oder zwei Jahre zu verlängern, würde sich jetzt wohl kaum jemand dagegen stellen.“ Da das aber „offenbar nicht möglich“ sei, halte er sich mit der Frage nicht lange auf.

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