Studien enthüllen: Warum Eltern es bereuen, Kinder bekommen zu haben

Es heißt, Kinder bereichern das Leben. Doch einige Eltern sehen das wohl nicht so: Sie bereuen im Nachhinein die Elternschaft. Das zeigen Studien-Ergebnisse.
Kassel – Für viele Menschen steht in der Lebensplanung fest: Sie möchten einmal Kinder bekommen und eine Familie gründen. Im Jahr 2020 kamen beispielsweise in Deutschland insgesamt 773.144 Kinder auf die Welt, darüber informiert das Statistische Bundesamt. Jedoch scheinen nicht alle Menschen ihre Elternschaft zu genießen und bereuen es schlussendlich, Kinder bekommen zu haben.
Bereits im Jahr 2015 entfachte eine israelische Studie namens „Regretting Motherhood: A Sociopolitical Analysis“ eine hitzige Debatte im Netz. Unter dem Twitter-Hashtag „regretting motherhood“ zeigten sich viele Menschen im Netz von den in der Studie getätigten Aussagen junger Mütter entrüstet. Wie weitere Studien zeigen, ist das Phänomen der bedauernden Elternschaft allerdings weit verbreitet.
Studien-Ergebnisse: Menschen bereuen Elternschaft – doch Kinderwunsch weiterhin hoch
Um dieses Phänomen näher zu analysieren, wurden in den letzten Jahren Erhebungen an repräsentativen Stichproben in den USA und in Deutschland durchgeführt. Diese deuten demnach darauf hin, dass der Prozentsatz der Eltern, die es bereuen, Kinder bekommen zu haben, bei etwa sieben bis acht Prozent liegt. Auch in Polen wurden junge Menschen dazu befragt. Die Erkenntnisse wurden in der internationalen und multidisziplinären Online-Fachzeitschrift Plos One zusammengetragen und veröffentlicht.
Wie die Ergebnisse zeigen, ist der Prozentsatz jener Eltern, die ihre Elternschaft bereuen, in Polen höher als in den USA oder Deutschland. Dort wurde die Studie mit einer repräsentativen Stichprobe bei Menschen zwischen 18 und 40 Jahre von der Ethikkommission der Universität Posen genehmigt. Die Frage lautete: Wenn Sie in die Zeit zurückreisen könnten, würden Sie sich erneut dafür entscheiden, Kinder zu bekommen? 13,6 Prozent der polnischen Frauen und Männer antwortete mit „Nein“, 86,4 Prozent würden es wieder tun.
Unter den 13,6 Prozent befanden sich unter anderem Menschen mit psychischen Erkrankungen, die beispielsweise an einem elterlichen Burnout leiden oder in der Vergangenheit gelitten haben. Auch spielten finanzielle Notlagen nach der Geburt eines Kindes eine große Rolle, da frisch gebackene Eltern plötzlich mit höheren Ausgaben konfrontiert wurden. Diese sind in der polnischen Befragung die beiden Hauptgründe für das Bedauern der Elternschaft.
Studie in Polen: Mehr als 13 Prozent würden nicht nochmal Kinder bekommen
In den USA leben besonders viele Kinder in Familien: Angaben der Gallup Organization, eines der führenden Markt- und Meinungsforschungsinstitute mit Sitz im US-amerikanischen Washington D.C., zufolge hatten dort im Jahr 2013 rund 74 Prozent der Erwachsenen mindestens ein Kind - 19 Prozent der Befragten hofften, in Zukunft noch welche zu bekommen. Lediglich fünf Prozent gaben in der Umfrage an, keinen Kinderwunsch zu haben.
Eine ähnliche Befragung wurde in verschiedenen europäischen Ländern, darunter Deutschland, Österreich und die Niederlande, bei Menschen zwischen 18 und 40 Jahren von dem Bevölkerungsinstitut Väestöliitto in Finnland zusammen mit dem schweizerischen Fachzentrum für Sozialwissenschaften durchgeführt: Sieben Prozent der Männer sowie fünf Prozent der Frauen bekräftigten dabei, keine Kinder haben zu wollen. Der Anteil jener Menschen, die keinen Kinderwunsch haben, ist im Vergleich allerdings äußerst niedrig. Die vorliegenden Daten zeigen somit, dass dieser nach wie vor ein universelles Bedürfnis von Erwachsenen ist.
Eltern bereuen es, Kinder bekommen zu haben – Studien offenbaren Gründe
Die Entscheidung Eltern zu werden birgt jedoch, wie viele andere wichtige Lebensentscheidungen, ein gewisses Risiko. Viele Menschen stellen sich die Elternschaft anders vor, als sie letztendlich ist. Scheidungen vom Partner, Umzüge, Krankheiten, neue finanzielle Hürden sowie die Erziehung und tagtägliche Betreuung des Nachwuchses stellen viele Eltern, besonders beim ersten Kind, vor zuvor nie gekannte Herausforderungen. Das sind einige Gründe, warum manche Menschen es im Nachhinein bereuen, überhaupt Kinder bekommen zu haben.
Doch, würden sie sich rückwirkend betrachtet gänzlich gegen eine Elternschaft entscheiden? In einer von der Gallup Organization durchgeführten Umfrage wurden Amerikanerinnen und Amerikaner über 45 Jahre, die bereits Kinder haben, gefragt, wie viele Kinder sie mit jetzigem Kenntnisstand gerne gehabt hätten. Eine der möglichen Antworten war "null" - diese wurde den Daten zufolge von sieben Prozent der befragten Personen gewählt.
Behinderung der persönlichen Laufbahn: Eltern würden sich laut Studie gegen Kinder entscheiden
Eine ähnliche Umfrage wurde in Deutschland im Jahr 2016 von dem Meinungsforschungsinstitut YouGov an einer repräsentativen Stichprobe durchgeführt. Die Autorinnen und Autoren baten die Teilnehmenden, die bereits Kinder haben, auf die folgende Aussage zu reagieren: Wenn ich mich heute noch einmal entscheiden könnte, würde ich keine Kinder haben wollen. Es stellte sich schließlich heraus, dass acht Prozent der deutschen Eltern dieser Aussage voll und ganz zustimmten. Diese Gruppe gab den Grund an, dass die Elternschaft ihre persönliche und berufliche Weiterentwicklung eingeschränkt habe.
Das Bedauern über die Elternschaft kam laut den Ergebnissen der Befragung darüber hinaus auch bei Personen mit einem niedrigeren Einkommen, unter 1500 Euro pro Haushalt, häufiger vor. Die deutsche Studie deutet somit darauf hin, dass einer der Gründe für das Bereuen der Elternschaft besonders in dem Glauben liegt, als Elternteil nicht das gewünschte Leben führen zu können.
Eine weitere Studie zeigt: Sture Kinder sind als Erwachsene erfolgreicher.
Wie die Studienlage zeigt, zählen zudem finanzielle Notlagen sowie psychische Erkrankungen zu den Hauptgründen, warum manche Menschen sich nicht nochmal dafür entscheiden würden, Kinder zu bekommen. Im großen Ganzen scheinen diese trotz allem nur einen kleinen Teil auszumachen. Die meisten Eltern würden sich den Angaben zufolge jederzeit wieder dazu entschließen, Nachwuchs zu bekommen. (as)