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Größer und gefährlicher: Tropische Zecken breiten sich in Deutschland aus

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Von: Monja Stolz

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Durch die Veränderung des Klimas breiten sich in Deutschland fremde Zeckenarten aus. Damit steigt unter anderem das Risiko einer FSME-Erkrankung.

Stuttgart – Mit den steigenden Temperaturen und dem zunehmenden Frühlingswetter beginnt auch die Zeckensaison. Im hohen Gras spielende Kinder oder durch Wald und Wiesen stapfende Wanderer in kurzer luftiger Kleidung sind ein Traum für das Ungeziefer, das man nicht unterschätzen sollte: Zecken übertragen gefährliche Krankheiten wie die sogenannte Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder Borreliose.

Aktuell besonders ist, dass sich neben dem Gemeinen Holzbock, der hierzulande die am weitesten verbreitete Zeckenart ist, auch andere Zeckenarten ausbreiten. So sei die Auwaldzecke inzwischen bundesweit nachgewiesen worden, sagte Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim am Dienstag (08.03.22) bei einer Pressekonferenz. Allerdings stechen Auwaldzecken Menschen eher selten.

Neue, gefährliche Krankheiten durch tropische Zecken in Deutschland

Auch tropische Zecken finden inzwischen ihren Weg nach Deutschland: Mit Zugvögeln gelangt die Hyalomma-Zecke nach Mitteleuropa. Allerdings wurden im letzten Jahr aufgrund des feuchten Sommers* eher wenige der Tropenzecken in Deutschland verortet.

Im Rahmen einer Studie, rief die Universität Hohenheim über die vergangenen drei Jahre dazu auf, dem entsprechenden Institut Zecken zuzusenden. 2021 waren darunter lediglich zehn der Tropenzecken, während es in den beiden Vorjahren zusammen 191 waren. In diesen beiden Jahren gab es warme Sommer mit langen Trockenperioden, was Mackenstedt zufolge die Entwicklung der Tropenzecken offenbar begünstigte.

In FSME-Risikogebieten sollten sich Wanderer durch lange Kleidung und gegebenenfalls eine Impfung schützen.
In FSME-Risikogebieten sollten sich Wanderer durch lange Kleidung und gegebenenfalls eine Impfung schützen. © W. Willner/imago

„Im Moment gehen wir noch nicht davon aus, dass Hyalomma-Arten in Deutschland heimisch sind“, sagte die Expertin. Sollte es aber angesichts der Klimaveränderungen mehr heiße und trockene Sommer geben, müsse damit gerechnet werden, „dass wir in Zukunft andere Zeckenarten häufiger in Deutschland haben werden als bisher“.

FSME: Durch tropische Zecken übertragene Krankheit kann tödlich sein

Die Hyalomma-Zecke ist anhand ihres spinnenhaften Aussehens und der braun-gelb gestreiften Beine leicht von den heimischen Arten zu unterscheiden. Außerdem sind die tropischen Zecken vergleichsweise groß. Die ausgewachsenen Entwicklungsstadien bevorzugen möglichst große Wirte, wie beispielsweise Pferde. „Aber die Art wurde auch auf anderen Haustieren und sogar auf Menschen gefunden“, heißt es auf der Webseite der Universität Hohenheim. Die Hyalomma-Zecke kann neue, gefährliche Krankheiten, wie das Krim-Kongo Hämorrhagische Fieber übertragen.

Ebenfalls durch Zecken übertragen wird FSME, eine virusbedingte Hirnhaut- oder Gehirnentzündung. Bei einer FSME-Infektion können grippeähnliche Symptome auftreten. Bei schwereren Verläufen sind auch Gehirn und Rückenmark betroffen. Zu den Symptomen gehören Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen sowie Bewusstseinsstörungen und epileptische Anfälle. Für rund ein Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich.

NameFrühsommer- Menignoenzephalitis (FSME)
Erregerwird durch ein Virus aus der Gruppe der Flaviviren verursacht
Verbreitung (Deutschland)vor allem Süddeutschland und angrenzende Gebiete
ÜbertragungZeckenbisse
Symptomegrippeähnlich, Störung von Koordination und Bewusstsein
Vorbeugunglange Kleidung, Impfung

FSME-Risikogebiete: Schutz vor infizierten Zecken durch lange Kleidung und Impfung

Bei den FSME-Erkrankungen gingen die Fallzahlen im vergangenen Jahr zwar laut Robert-Koch-Institut (RKI) um rund 45 Prozent auf etwa 390 Fälle zurück. Die FSME-Aktivität werde in Norddeutschland aber insgesamt stärker, sagte Gerhard Dobler vom Nationalen Konsiliarlabor für FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München.

Es ist also wichtig, sich weiterhin vor der Erkrankung zu schützen*. „Bei Wanderungen, die durch Strauchwerk oder hohes Gras führen, z.B. beim Beerensuchen, kann Kleidung, die möglichst viel Körperoberfläche bedeckt, das Risiko eines Zeckenbefalls reduzieren (z.B. lange Hosen, langärmelige Hemden, festes Schuhwerk und in die Socken gesteckte Hosenbeine)“, heißt es auf der Webseite des RKI. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt zusätzlich eine Impfung für Personen, die sich in Risikogebieten aufhalten.

In FSME-Risikogebieten sollten sich Wanderer durch lange Kleidung und gegebenenfalls eine Impfung schützen.
In FSME-Risikogebieten sollten sich Wanderer durch lange Kleidung und gegebenenfalls eine Impfung schützen. © Jens Kalaene/dpa

Klimabedingte Bewegung der Zecken: RKI bestimmt neue FSME-Risikogebiete in Deutschland

Das FSME-Risikogebiet in Deutschland erweitert sich stetig. Bisher zählten 169 Landkreise zu den betroffenen Regionen*. Dazu gehören vor allem Kreise in Bayern und Baden-Württemberg, in Südhessen, im südöstlichen Thüringen und in Sachsen. Einzelne Risikogebiete befinden sich zudem in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Niedersachsen.

Wie das RKI Anfang März 2022 mitteilte, kommen ab sofort sechs neue Risikoregionen hinzu, „von denen vier an bekannte Risikogebiete grenzen. Erstmalig in Brandenburg werden drei Kreise Risikogebiet (LK Oberspreewald-Lausitz, LK Oder-Spree und LK Spree-Neiße), erstmalig in Nordrhein-Westfalen wird der SK Solingen Risikogebiet und in Sachsen kommen zwei Kreise hinzu (SK Chemnitz und LK Görlitz). Somit sind aktuell 175 Kreise als FSME-Risikogebiete definiert“, heißt es auf der Webseite des Instituts.

Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg verwies darauf, dass sich mit FSME-infizierte Zecken inzwischen auch in höher gelegene Regionen bewegen. „In den Tälern wird es ihnen fast zu warm und zu trocken, Zecken brauchen eine hohe Luftfeuchtigkeit“, sagte Oehme. Mit dem Klimawandel breiteten sich Zecken in die Berge aus. (Monja Stolz mit AFP) *hna.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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